Der Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) kann verschiedenste weitere Krankheiten, sogenannte Komplikationen, bedingen. Eine davon ist die Störung der Nerven (Fachbegriff: Neuropathie). Die Neuropathie kann zur Folge haben, dass man zum Beispiel an den Füßen nicht mehr so viel Gefühl hat (Sensibilitätsstörungen). Die Neuropathie kann sich aber auch auf das sogenannte autonome Nervensystem (=vegetatives Nervensystem) beziehen. Neben Herz-Kreislauf-Störungen können dabei eben auch Magen-Darm-Störungen entstehen. Dazu gehören Übelkeit (Nausea) und Erbrechen (Emesis) sowie Durchfall (Diarrhoe) oder Verstopfung (Obstipation). Auch Schluckstörungen und Sodbrennen sind möglich. Diese Komplikationen können sehr unangenehm sein und die, beim Diabetiker besonders wichtige, Balance zwischen Ernährung und Insulinzufuhr stören.
Sehr
wichtig ist in diesem Zusammenhang zu erwähnen, dass eine Krebs-
oder andere Erkrankung als Ursache der Magen-Darm-Probleme
ausgeschlossen werden muss. Bei Fieber, Schwäche, Gewichtsverlust
und/oder Nachtschweiß sollte in jedem Fall eine Krebsdiagnostik
durchgeführt werden. Dies gilt auch für eine beständige
Verstärkung der gastrointestinalen Probleme.
Die
Behandlungsansätze dieser autonomen Neuropathie sind derzeit noch
unbefriedigend
Wesentlich
ist das Anstreben einer guten Blutzuckereinstellung. Das gilt im
Übrigen für alle Komplikationen des Diabetes. Ein Blutzuckerwert,
der sich im Normalbereich befindet, ist die beste Voraussetzung,
damit sich zu dem Diabetes nicht noch andere Krankheiten gesellen.
Dafür ist eben viel Disziplin bei der Ernährung und
Medikamenteneinnahme erforderlich. Ein wichtiger Laborparameter ist
dabei, neben dem Blutzuckerwert, der HbA1c-Wert. Dieser sollte nach
europäischen Empfehlungen unter 6,5 Prozent liegen. Dadurch kann
verhindert werden, dass sich die Symptome verschlimmern und es kann
sogar zu einem besseren Funktionieren der Nerven im Magen-Darm-System
kommen. Weitere wichtige Aspekte sind: Alkohol sollte generell
gemieden werden, da er die Nerven angreift. Eine kontinuierliche
medikamentöse Gabe von Vitamin B12, B6 und Folsäure kann ebenfalls
hilfreich sein. Vitamin B12 (Fachbegriff: Cobalamin) kann nur durch
Mikroorganismen aufgebaut werden. Es kann vom menschlichen Körper
nicht synthetisiert werden. Interessanterweise gibt es im
menschlichen Darm Mikroorganismen, die geringe Mengen Vitamin B12
herstellen. Allerdings befinden sich diese hauptsächlich im
Dickdarm, wo kaum noch Nahrungsbestandteile aufgenommen werden,
sodass das Vitamin größtenteils ungenutzt ausgeschieden wird.
Hinzuzufügen ist noch, dass der Bedarf an Vitamin B12 nicht allein
durch pflanzliche Ernährung gedeckt werden kann. Und trotzdem wird
Diabetikern vorwiegend vegetarische Ernährung empfohlen, da diese
andere Komplikationen des Diabetes verhindert. Generell wird
empfohlen, auf seine Ernährung zu achten. Häufige kleine oder
flüssige Mahlzeiten mit geringem Fett- und Ballaststoffgehalt können
die Symptome lindern. Des Weiteren sollte man darauf achten, gut zu
kauen und nach dem Essen eine Weile in aufrechter Haltung zu
verweilen. In jedem Fall muss besonders bei der unterstützenden
Einnahme von Vitamin B6 und B12 darauf geachtet werden, dass keine
Überdosierungen entstehen. Symptome dafür können zum Beispiel
Akne, allergische Beschwerden und/oder Gangstörungen sein. Bei
Folsäure ist eine Überdosierung nur schwer möglich, da sie zum
Großteil ungenutzt durch die Nieren ausgeschieden wird, wenn ihre
Konzentration im Blut zu hoch ist.
Ein
wichtiger Fakt, auf den noch geachtet werden muss, ist, dass man als
Diabetiker keine Medikamente einnimmt, die eine neurotoxische
(nervenschädigende) Wirkung haben. Dazu gehören beispielsweise
Amiodaron, Amitriptylin, Amphotericin B, Chloramphenicol, Chloroquin,
Cimetidin, Cisplatin, Clonidin, Dihydralazin, Ethambutol, Gentamycin,
Gold, Hydralazin, Imipramin, Isoniacid, Interferone, Lithium,
Metamizol, Metronidazol, Nitrofuran, Phenytoin, Sulfonamide, Taxol,
Valproinsäure und Vincristin.
Auch
die medikamentöse Behandlung der Magen-Darm-Probleme bei Diabetes
mellitus bietet eine unzureichende Vielfalt
Es
gibt mehrere Medikamente, die speziell entwickelt wurden, um die
neuropathischen Komplikationen des Diabetes mellitus bekämpfen zu
können. Einige davon zeigten eine gute Wirkung, mussten jedoch
aufgrund vorhandener Nebenwirkungen vom Markt genommen werden. Ein
Mittel, welches gegen Übelkeit und Erbrechen gut wirkte, war das
Medikament Cisaprid. Da es jedoch Probleme am Herz (kardiale
Nebenwirkungen) hervorrief, wurde ihm die Zulassung versagt. Zu den
Medikamenten, die in Deutschland zugelassen sind, zählen unter
anderem die Dopaminantagonisten Metoclopramid und Domperidon. Beide
werden auch zur diabetesunspezifischen Behandlung von Übelkeit und
Erbrechen eingesetzt. Eine dritte Möglichkeit ist die Behandlung mit
Bethanechol. Eine recht überraschende Wirkung auf die
Magenentleerung konnte bei dem Medikament Erythromycin, eigentlich
ein Antibiotikum, festgestellt werden. Es fördert die
Magenentleerung und lindert damit Übelkeit und Erbrechen. Gegen
Durchfall bei Diabetes mellitus sind die medikamentösen
Behandlungsvarianten ebenfalls rar gesät. Neben dem allseits
bekannten Loperamid, besser unter dem Handelsnamen "Imodium
akut" bekannt, besteht die Möglichkeit mit den Medikamenten
Clonidin (eigentlich ein Bluthochdruckmittel) oder Octreotid zu
behandeln. Eine weitere Option ist die Therapie mit Colestyramin. Im
Falle einer anormalen bakteriellen Besiedlung des Darmes als
Mitursache für den Durchfall kann eine antibiotische Therapie
notwendig werden.
Gegen
chronische Verstopfung bei Diabetes mellitus gibt es ein neues
Mittel, welches nicht die Stuhlbeschaffenheit beeinflusst, sondern
die Darmbewegungen. Es handelt sich dabei um Prucaloprid. Es wirkt
hemmend an einem speziellen Serotonin-Rezeptor. Besonders bei
Patienten, die von anderen Therapien kaum profitiert haben, wirkt
Prucaloprid ausgesprochen gut.
Hat
ein Patient Darmentleerungsstörungen (, sodass er zum Beispiel den
Stuhl nicht halten kann), ist eventuell die Biofeedbacktherapie eine
Option. Dabei handelt es sich um eine Methode, bei der man lernt,
bestimmte Muskelgruppen im Analbereich bewusst zu beeinflussen, um so
eine bessere Stuhlkontrolle zu erlangen.
Zu
guter Letzt soll noch erwähnt werden, dass man gegen Sodbrennen
Protonenpumpeninhibitoren einsetzen kann (z.B.: Omeprazol,
Pantoprazol).
Wie
zu sehen ist, kann man die Therapieoptionen bei Diabetes-induzierten
Magen-Darm-Problemen doch noch recht gut überschauen; zum Leidwesen
der Betroffenen. Aber die Forschung im Bereich Diabetes ist, auch
aufgrund seiner großen wirtschaftlichen Bedeutung, sehr intensiv und
sollte in den nächsten Jahren weitere Fortschritte in diesem Bereich
hervorbringen.
Quellen:
1)
Harrisons Innere Medizin, 16. Auflage
2)
"Chronische Obstipation: Prucaloprid beeinflusst gestörte
Darmmotorik" aus dem Deutschen Ärzteblatt (2011)
3)
Nationale VersorgungsLeitlinie "Neuropathie bei Diabetes im
Erwachsenenalter" (Stand 28. November 2011)
4)
Neurologie und Praxis (Stand: 31.03.2002)
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